Von Jürgen Schwab
Sozial ist, was Arbeit schafft, sagt die CDU. Sozial geht nur national: dafür steht die NPD. Im Grunde genommen sind beide Aussagen zutreffend, davon abgesehen, daß CDU-Politiker wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch Wahrheiten, die auf der Straße liegen, wie den Umstand, daß es in Deutschland zu viele kriminelle Ausländer gibt, in auffälliger Weise erst in Wahlkämpfen thematisieren.
Die Parole „Sozial ist, was Arbeit schafft“ ist insofern richtig, daß nur aus Arbeit menschlicher Wohlstand erwächst. Hierbei sind aber zwei Fragen zu stellen:
1. Wie wird der Wohlstand verteilt, der aus Arbeit erwächst? Tatsache ist, daß der „Arbeitsmarkt“ zu immer mehr Ungerechtigkeit in den Einkommensverhältnissen führt, wobei auch bei uns im Lande die Schere zwischen relativer Armut und Reichtum immer weiter auseinandergeht. Nach Angaben des Finanzmagazins Forbes gab es im Jahr 2007 weltweit 946 Milliardäre, deren Vermögen allein im Jahr 2006 um 35 Prozent auf 3,5 Billionen US-Dollar gestiegen war. In Deutschland leben demnach etwa 55 Milliardäre, die zusammen 245 Milliarden US-Dollar besitzen. Allein die Aldi-Brüder nennen dabei Reichtümer in Höhe von 37,5 Milliarden US-Dollar ihr eigen. Die Familie Quandt kommt auf 24 Milliarden US-Dollar. (Junge Welt vom 21.12.2007) Demgegenüber verdient eine Kassiererin bei Aldi einen winzigen Bruchteil von dem, was Kapitaleigner dieser Supermarktkette Jahr für Jahr einnehmen. Sicherlich, in einer Volkswirtschaft sollte sich unternehmerischer Einsatz und Einfallsreichtum lohnen, aber offensichtlich kann der Arbeitsmarkt nicht alleine für leistungsgerechte Einkommen sorgen. Hier wäre also der Staat gefragt, Mindest- und Höchsteinkommen aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit festzulegen.
2. Die Aussage der CDU, „Sozial ist, was Arbeit schafft“, ist auch in sofern problematisch, da es zwar nach wie vor Arbeit gibt und auch in Zukunft geben wird, allerdings das Quantum an notwendiger menschlicher Arbeit – durch zunehmende Rationalisierung bzw. Automatisierung in Industrieanlagen, in Werkstätten, auf Baustellen und im Büro – erheblich zusammenschrumpft. Der moderne Arbeitsmarkt unterscheidet sich demzufolge vom antiken Sklavenmarkt dadurch, daß der Arbeitskraftanbieter heute zwar seine Dienste freiwillig anbietet, aber auch der Nachfragende nach Arbeitskraft, der Unternehmer, entscheiden kann, ob er einen Arbeitskraftanbieter braucht oder nicht. Im Zuge der dritten industriellen Revolution (Mikroelektronik) sind nun für die Warenproduktion viele Arbeitskraftanbieter überflüssig geworden. Für deren Unterhalt ist nun die jeweilige „Arbeitsagentur“ bzw. die „Arge“ zuständig. Die schlankere Herstellung der Waren (Lean Production) soll aber im Sinne der Kapitalistenklasse nicht dazu führen, daß über die Einkommensverhältnisse neu zu verhandeln wäre – also etwa das Einkommen aus müheloser „Arbeit“ wie Aktionärsdividende auf den Prüfstand zu stellen wäre –; nein, es soll so weitergehen wie bisher! Das heißt, die Konzerne bleiben in privatem Eigentum und die Kapitaleigner sorgen dafür, daß ihr Einkommen weiter ansteigt, während sonst die Wettbewerbsfähigkeit nur durch Kostensenkung zu gewährleisten ist. Dies bedeutet Massenentlassung und Reallohnsenkung und zusätzlicher Lohndruck durch Ausländerbeschäftigung im Inland sowie sukzessive Arbeitsplatzverlagerung ins lohnkostengünstigere Ausland.
Diese Entwicklung können wir gut an der Volkswagen AG nachvollziehen. Dieser Konzern hat mit deutschem Volk so wenig zu tun wie Schweizer Käse mit der Schweiz, da dieser auch in anderen Ländern produziert wird. Von den über 343.000 Mitarbeitern des VW-Konzerns ist ein Großteil außerhalb Deutschlands beschäftigt. Dieser »Global Player« produziert neben den VW-Modellen (PKW und Nutzfahrzeuge) noch die Marken Audi, Bentley, Bugatti, Lamborghini, Seat und Škoda. Die CDU-Parole, „Sozial ist, was Arbeit schafft“, ist also in zweifacher Hinsicht problematisch: zum einen wird, wie erwähnt, menschliche Arbeit durch technischen Fortschritt bzw. steigende Produktivität wegrationalisiert; zum anderen ist die Schaffung von Arbeitsplätzen nicht an einen Lebensraum bzw. an eine bestimmte Gemeinschaft gebunden.
Diese Entwicklung ist zwangsläufig, sofern man am bisherigen System des Privateigentums an entsprechenden Konzernen festhält. Der Staat ist auch nicht mehr in der Lage, diesen Kapitalismus, der längst über die nationalen Ufer getreten ist zu zügeln; im Gegenteil: die Politik ist die Magd des Kapitals. Insofern ist die Losung der NPD „Sozial geht nur national“ richtig, wobei aber im Zuge der Globalisierung die Wirtschaft längst den Nationalstaat entmündigt hat.
Nun wird von neoliberaler Seite eingewandt, daß es zum Privateigentum an den Produktionsmitteln keine sinnvolle Alternative gebe. Als Schreckgespenst für leistungsunfähigen Sozialismus wird gerne die DDR-Mißwirtschaft hervorgeholt. Das Beispiel des Wolfsburger Konzerns Volkswagen zeigt allerdings, daß Sozialismus, sofern er nicht die gesamte Wirtschaft bis hin zum Mittelstand erfaßt und solange kein zentralistisches bürokratisches Monster geschaffen wird, erfolgreich sein kann. Schließlich wurde VW 1937 von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) als reiner Staatsbetrieb gegründet und geführt. Erst 1960 wurde das leistungsfähige Unternehmen in eine Aktiengesellschaft überführt, an der lange Zeit der Bund und das Land Niedersachsen die Mehrheitsanteile hielten.
Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 23. Oktober 2007 ist nun das VW-Gesetz vom 21. Juli 1960 für rechtswidrig erklärt worden, mit dem seit Überführung des Unternehmens in die Rechtsform Aktiengesellschaft die Stimmrechte privater Aktionäre auf maximal 20 Prozent zu begrenzen waren, damit die öffentliche Hand den Wolfsburger Konzern im Sinne des Gemeinwohls bestimmen konnte. Die Entwicklung, die ohnehin bereits in Gang ist, daß dieser Großbetrieb den Gesetzen der Marktwirtschaft, die heute im globalen Rahmen stattfinden, unterworfen wird, wird durch die Liquidierung des VW-Gesetzes noch einen weiteren Schub erhalten.
Für sozialrevolutionäre Nationalisten ergeben sich daraus Forderungen, die sicherlich weit über die Wahl zum niedersächsischen Landtag am 27. Januar 2008 hinausreichen und die Zuständigkeit der Gesetzgebung eines Länderparlaments übersteigen. Im Landtag von Hannover selbst könnte die NPD immerhin Widerstand gegen die Aufhebung des VW-Gesetzes durch den Europäischen Gerichtshof leisten. Zudem wäre auf eine Weiterentwicklung des VW-Gesetzes hinzuarbeiten, die nicht nur die Begrenzung des Stimmrechts privater Aktionäre vorsähe, sondern ebenso die langfristige Überwindung der Unternehmensform Aktiengesellschaft an sich. Damit Volkswagen wieder seinem Namen Ehre macht (der Name kommt ja von „Volk“ und nicht von „Aktionär“, sonst müßte die Firma „Aktionärswagen“ heißen), wären mittelfristig die Zahl der Mitarbeiteraktien auszudehnen und in dem Gesetz ein Vetorecht des Staates für die Unternehmenspolitik festzuschreiben. Langfristig wäre Volkswagen zu nationalisieren, womit dann Skoda wieder tschechisch und VW-Mexiko mexikanisch würde, aber die deutschen Produktionsstandorte unter direkte Kontrolle des deutschen Gemeinwesens gelangten. In einem weiteren Schritt wäre dieser dann wieder rein deutsche Konzern entsprechend der verschiedenen Standorte zu regionalisieren bzw. zu miniaturisieren.
Die einzelnen Produktionsstandorte in Wolfsburg, Hannover, Braunschweig, Emden, Salzgitter usw. sollten in Genossenschaften umgewandelt werden, wobei jedem Arbeitnehmer das gleiche Stimmrecht zustünde. Nach dieser Konzeption erhielte zugleich das Gemeinwesen auf kommunaler Ebene – beispielsweise der Wolfsburger Oberbürgermeister – das Vetorecht im Aufsichtsrat, dessen weitere Vertreter von der Belegschaft zu wählen wären. Der Aufsichtsrat würde dann den Vorstand wählen, dieser könnte dann wirklich die Interessen der Beschäftigten und ihrer Familien in der Region – beispielsweise Hannovers – vertreten. Der Mehrwert, der aus der Arbeit geschöpft wird, wäre dann auf den Wohlstand des Volkes in einem bestimmten Lebensraum bezogen und nicht – wie derzeit bei der VW AG und ähnlichen Konzernen – auf die Profitmaximierung einer internationalen Klasse an Finanzkapitalisten gebunden.
Bücher von Jürgen Schwab:
Angriff der neuen Linken – Herausforderung für die nationale Rechte. Hohenrain Verlag, Tübingen 2009, 19,80 Euro.
Die „Westliche Wertegemeinschaft”, Abrechnung, Alternativen. Hohenrain Verlag, Tübingen 2007, 19,50 Euro.
Volksstaat statt Weltherrschaft. Das Volk – Maß aller Dinge. Hohenrain Verlag, Tübingen 2002, 9,80 Euro.
Dieser Diskussionsbeitrag erschien im Jahr 2008 auf der Internetseite der NPD-Niedersachsen.