Der Hafen von Piräus war immer Athens Tor zur Welt. Es war Themistokles der die Athener überredete an dieser Stelle einen Hafen anzulegen, Perikles schließlich war es, der den Architekten Hippodamos beauftragte, die Stadt Piräus zu errichten. Klar und zweckmäßig wurde diese neue Hafenstadt denn auch angelegt.
Jetzt, in Griechenlands schwierigster Stunde, soll Piräus wieder zu einem der großen Häfen des Mittelmeeres gemacht werden. Zu einem „chinesischen“, was nicht ganz ohne strategischen Nachteil für die europäische, aber sehr zum Vorteil für die andere Seite sein wird. Weitere nationale Ausverkäufe, von den Schürfrechten bis zu den Eisenbahnen, stehen bevor. Daran ändert das Sparpaket nichts, so wie dieses Griechenland auch nicht retten wird.
Weit haben es die Nachfahren der alten Griechen mit Hilfe der Europäischen Union gebracht. Denn letztere ist es selbstverständlich, die, in Kumpanei mit den korrupten griechischen Eliten, es so weit hat kommen lassen. Daher kann und muß man in Anbetracht aller Fakten und Aussichten von einer europäischen Tragödie sprechen, deren griechischer Akt ja nur die Spitze des Eisberges ist.
Daß die politische Fahrlässigkeit nicht bloß auf einzelne EU-Staaten beschränkt ist, sondern der Fisch eben vom Kopf stinkt, zeigt der jüngste Streich der EU-Kommission. So hat sie für 2014 bis 2020 ein Budget von 1,13 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der Union vorgeschlagen. Erwartet wird, daß die reichsten Staaten ihr am EU-Markt verdientes Geld an EU-Pleitestaaten verteilen, damit diese dann deutsche oder französische Produkte kaufen. Das klingt wie ein Witz, ist aber keiner, sondern eine Anleitung für eine größere Krise, und für weitere Korruption.
Wie kommt es, daß wir heute in einer derart großen, vor allem auch geistigen und moralischen Krise leben? Man kann sagen, daß fast alle Grundlagen dieses Europas durch eine lange Zeit des Friedens und des Wohlstands, begünstigt durch ideologische Verdummungskampagnen, untergraben worden sind.
Wir sind uns zwar bewußt oder ahnen es zumindest, daß die besten Jahre hinter uns liegen, aber Zweifel und Unsicherheit lassen uns am Alten, uns Erniedrigendem, Ausbeutendem festhalten. Der Materialismus ist die ideologische Krücke, die uns noch Fortbewegung vortäuscht.
Die augenblickliche geistig-moralische Krise (die durch die ökonomische in den Hintergrund gedrängt wird) ist eine Folge auch der dem europäischen Geist von den Weltkrieg II-Profiteuren geschlagenen Wunden. Diese Krise könnte nur durch eine Neubelebung überwunden werden. Eine solche kann aber nur durch neue, nicht dem System innewohnende Kräfte in Gang gesetzt werden.
Immerhin kann eine Gesellschaft auch dann noch schöpferisch denken, wenn ihre politischen und wirtschaftlichen Kräfte abnehmen. Die Renaissance in Italien ist ein Beispiel dafür, wie trotz politischem Versagen und wirtschaftlicher Schwäche noch Großartiges entstehen kann.
Wir vermögen nicht zu sagen, ob Europa noch einmal zu genügender Lebenskraft und Selbständigkeit, wohl auch rechten Glauben finden wird. Wir wissen aber, es ist möglich. Die Geschichte lehrt es uns.
Gewiß, es wird ein unendlich schwierigerer Kampf werden als alle Jahrhunderte zuvor. Was wir eigentlich jetzt brauchen ist neben schöpferischer Geduld ein nötig Maß an revolutionärer Ungeduld. Das eine wie das andere zur rechten Zeit, im rechten Augenblick. Es wird nötig sein, inmitten des Chaos das bedrohte europäische Erbe und die Freiheit des Europäers entschieden und nachhaltig zu verteidigen.
Der Sturm kann jederzeit losbrechen.
Helmut Müller