Antideutsche: „Antiimperialistischer“ Rückstau?

In der Ukraine-Krise, die von der WWG zur imperialistischen Einkreisung Moskaus genutzt wird, ergeben sich höchst merkwürdige Frontverläufe. Ausgerechnet im Spektrum der sogenannten „Antideutschen“ ist so etwas wie ein „antideutscher Antiimperialismus“ zu beobachten – zumindest in Teilen dieses zerstrittenen Spektrums. Hatten sich die Antideutschen seit etlichen Jahren als Anti-Antiimperialisten, USA und NATO-Freunde gebärdet, so argumentieren einige Schreiber der Antideutschen auf einmal „antiimperialistischer“ als manche angeblichen „Antiimps“. Die in Wien beheimatete „Antiimperialistische Koordination“ (AIK), die sich schon gegen Gaddafi und Assad positioniert hatte, versagt etwa Russland die Solidarität.

Siehe: http://www.antiimperialista.org/de/donbass

http://www.antiimperialista.org/de/node/6841

Ganz anders der Herausgeber des antideutschen Monatsmagazines „konkret“ Hermann L. Gremliza, der als „Altmeister“ der Antideutschen gilt. Seit Ausbruch der Ukraine-Krise gibt Gremliza den NATO und auch USA-Gegner. Es sei nur gut das Russland atomar bewaffnet sei um so einen Angriff der NATO verhindern zu können, so Gremliza in einer seiner Kolumnen. Angela Merkel, die Gremliza noch vor wenigen Monaten in höchsten Tönen gelobt hatte …..

Siehe: https://sachedesvolkes.wordpress.com/2013/09/05/hermann-der-germane/

…..wird bei Gremliza aufgrund der Drohungen gegen Russland zu einer politisierten Wiedergängerin Eva Brauns. Die NATO und der BRD-Imperialismus seien darauf aus ganz Osteuropa zu okupieren, wobei der konkret-Chefredakteur von „Hilfsvölkern“ des NATO und BRD-Imperialismus schreibt. Dies habe es schon Anfang der 1940er-Jahre unter Adolf Hitler gegeben. Auf einmal sind Merkel, Obama und Konsorten also nicht mehr die heldenhaften Heroen eines WWG-Emanzentums sondern Wiedergänger Hitlers und Goebbels. So weit geht nun nicht einmal die antiimperialistisch-marxistische Tageszeitung „Junge Welt.“

Gremliza der vor einigen Jahren für einen von den USA geführten Angriffskrieg gegen den Irak getrommelt hatte scheint nun auf einmal sogar Saddam Hussein dicke Kullertränen nachzuweinen. Die Kampagne gegen Janukowitsch ähnele irgendwie der Dämonisierung Saddam Husseins durch die „Koalition der Willigen“. Die vorgebrachten Lügen gegen Saddam Hussein seien „Mossad-Verschwörungstheorien“ gewesen, so Gremliza in einer weiteren Kolumne zur Anti-Russland-Kampagne der WWG. Gremliza, der bislang jede Israelkritik als „Antisemitismus“ verunglimpft hatte, gebärdet sich nun selbst wie ein Israelkritiker.

Daniel Leon Schikora, Bahamas-Autor, der auch gerne in rechtskonservativen Zeitungen, Zeitschriften und Blogs wie Sezession, Blaue Narzisse oder der Jungen Freiheit publiziert, postet auf seinem Blog fleißig Beiträge unter der Rubrik „WWG-Faschismus“ und Russland-Solidarität. Der serbische Nationalist hat neben Putin vor allem einen Lieblingspolitiker: Den ehemaligen serbischen Präsidenten Slobodan Milosevic, der nun der WWG besonders ein Dorn war. Auch in Syrien steht der Antideutsche Schikora nicht auf Seiten der WWG, sondern auf Seiten Assads. Der Westen unterstützte in Syrien Jihadisten und Völkermörder, so Schikora. Wie dies alles mit einer Israelsolidarität vereinbar sein soll, dies kann der nationalistische Serbe wohl Niemanden erklären. Die Solidarität mit dem zionistischen Agressor wirkt somit wie eine Satire.

Siehe: http://danielleonschikora.blogspot.de/

Aber wirklich neu ist diese satirisch veranlagte antideutsche Israelsolidarität nicht wirklich. Vor über 10 Jahren hatte Jürgen Elsässer – damals noch als Antideutscher – in der konkret ausgerechnet Ariel Sharon als zu einer Art „israelischen Milosevic“ gedeutet. In dieser Sichtweise wurden die Palästinenser zu einer „fünften Kolonne“ der NATO und Israel zu einem „Anti-NATO-Staat“, der im Fadenkreuz eines Bündnisses aus westlichen Menschenrechtsbekloppten und Islamisten stünde. Heute wird von Elsässer, dem zum Nationalsouveränisten gewendetne Ex-Antideutschen, der Netanjahu-Nachfolger „Bibi“ Netanjahu als „Irren von Tel Aviv“ bezeichnet.

Folgt man nun der Schikora Unlogik in letzter Konsequenz dann müsste sich Netanjahu eigentlich mit Assad, den Gaddafi-Anhängern in Libyen, der Hezbollah und dem Iran gegen die USA, die NATO, EU verbünden. Da ist es doch wahrscheinlicher das Morgen vor dem Weißen Haus ein UFO landet dessen Besatzung aus Elvis, dem Loch Ness Monster und dem Yeti besteht.

In der aktuellen Lage stimmen jene Antideutsche aber auch nicht mehr mit den US-Neocons überein, die doch lange Zeit als „Vorbild“ galten. Den US-Neocons gilt Russland als „Hauptfeind“. In diesen Kreisen möchte man es nicht nur beim Säbelrasseln belassen, sondern kritisiert die angeblich zu „weiche“ Haltung der Obama-Administration vehement. Den US-Neocons geht es um einen offenen Krieg gegen Moskau – auch unter Zuhilfenahme einer nuklearen Völkermordoption.

Konkret und das Bahamas-Spektrum stellen sich aber nicht nur offen auf die Seite Putins, sondern erinnern freudig auch an die militärische Stärke des russischen Bären. Also scheinbar wünscht man sich doch die GIs unter die Erde. Autoren wie Gremliza und Schikora hätten diese Haltung noch vor kurzem – bezogen etwa auf den Irak oder Afghanistan – als „elimininatorischen Antiamerikanismus“ verdammt. Nun kommt aber heraus, dass es sich bei jenen „US-Freunden“ scheinbar um das glatte Gegenteil handelt. Ein amerikanischer Witzbold könnte auf die Idee kommen, dass die konkret und Bahamas-Autoren nur neidisch auf die US-kritischen und antiimperialistischen Schreiber aus dem Spektrum der Jungen Welt sind. Wenn sich der verstorbene Antiimp-Meister Werner Pirker über Tote US-Besatzungssoldaten im Irak freute, dann mögen sich einige Antideutsche gedacht haben: Dies können wir schon längst!

Nun passt diese Haltung des Bahamas und konkret-Spektrums überhaupt nicht zu den von den Antideutschen hochgehaltenen „westlichen Werten“. Ganz anders die antideutsche Wochenzeitung „Jungle World“. Dort wird der Putsch gegen Janukowitsch unterstützt und der in Kiew grassierende Faschismus im Dienste des „Menschenrechtsimperialismus“ entweder verharmlost oder unter viel Wortgeklingle gar unterstützt. Ebenso etwa unter antideutschen Antifa-Gruppen oder dem BAK Shalom der Linkspartei. Dies spricht auch für eine Intensivierung der Spaltungstendenzen in der „antideutschen Bewegung“.

Bei einigen Antideutschen schlummerte unter der Oberfläche der Antiimperialismus den man doch jahrelang bekämpfte. Unter der antideutschen Schale schlief aber auch auf eine sehr verquere Art das Deutschtum. Anders ist es nicht zu erklären das sich nun die „Hardcore-Antideutschen“ aus dem Bahamas-Spektrum mit Beate Zschäpe solidarisierten.

Siehe: http://www.redaktion-bahamas.org/auswahl/web68-1.html

Die antideutsche „Nie wieder Deutschland“-Phrase wurde zu einer Stellungsnahme für einen neudeutschen Imperialismus. Den Deutschen wirft man nicht mehr etwa „Militarismus“, Eroberungsgelüste oder „Fremdenfeindlichkeit“ vor, sondern einen Mangel an eben jenen. Militarismus, Fremdenfeindlichkeit, Sozialdarwinismus und Imperialismus seien nämlich Ausdruck einer „emanzipatorischen“ und „aufgeklärten“ kapitalistischen Gesellschaft und diese ist aus der Sichtweise der Antideutschen ja zu Bejahen. Pazifisten, Antikapitalisten und auch Antinationale stehen in der neuantideutschen Ideologie für eine egalitäre Barbarei. Um dies begründen zu können muss das 3. Reich zum Vorgänger und Urvater des BRD-„Antirassismus“ umgedeutet werden. Hitler als Vater Claudia Roths und Himmler als Großvater der Linksparteichefin Katja Kipping.

Daß „Antideutsche“ ist im „harten“ antideutschen Spektrum im eigentlichen Sinn längst nicht mehr originär Antideutsch. Dort wird an Deutschland der Multikulturalismus, die angebliche Hegemonie der Linken und auch der gesellschaftspolitische Linksliberalismus kritisiert. Es handelt sich im Grunde längst um eine sektenhafte und verquere „rechte“ oder genauer rechtsreaktionäre Deutschlandkritik, die sich von derjenigen von rechten Pro-WWG-Blogs wie PI-News kaum unterscheidet. Der Unterschied ist nur das man im „Hardcore-Antideutschen“ Spektrum noch wesentlich rechtswestlerischer argumentiert als unter den rechten Neocons und Rechtspopulisten. An den Rechtspopulisten kritisiert man nur das jene angeblich noch zu Islamfreundlich seien.

Die Antideutschen leben von der Provokation des linken politischen Spektrums. Da man aber in der linken Szene niemanden mehr mit Anti-Antiimperialismus und Israel-Solidarität provozieren kann, weil diese Inhalte mittlerweile auf der Linken Mainstream geworden sind, muss man sich auf das Verlegen was den postmodernen Gesamtlinken heute auf die Palme bringt: NATO-Gegnerschaft, Solidarität mit Assad, Putin und Janukowitsch, sowie Solidaritätsadressen an den Front National, die FPÖ oder die UKIP. Da bleiben nur noch wenige anderslautende Möglichkeiten um die antinationale Linke vor den Kopf zu stoßen. Eine Möglichkeit wäre vielleicht noch, ein Wahlaufruf für die NPD oder die Worch-Partei.
Abgeräumt hat man auch die angebliche Kritik des Antisemitismus.

In der „Beschneidungsdebatte“ war aus dem antideutschen Blog und Blätterwald zu lesen, dass der Zentralrat der Juden und die meisten deutschen Juden in einem Bündnis mit dem Islamofaschismus stünde. Was lange Zeit unter der Oberfläche des Philosemitismus verborgen bleiben musste, bricht sich nun Bahn: „Der“ Jude – insbesondere die Juden in Deutschland – als „Verräter“, als Bündnispartner der „antiisraelischen Internationale“, als insgeheime Verehrer von Hamas und Ahmadinejad. Diese weltumspannende finstere judeo-muselmanische Verschwörung wird nun nur von den eingeweihten antideutschen Verschwörungstheoretikern durchschaut. Dagegen sind die Altermedia Antisemiten wahrlich Waisenknaben.

Nun sind diese Antideutschen weder antiimperialistisch, noch ist man für einen souveränen deutschen Nationalstaat. Die aktuelle Entwicklung in diesem Spektrum ist viel mehr auf die ideologische Brüche und Widersprüche der eigenen Ideologie zurückzuführen.Daß man nun die eigene Weltanschauung im Eiltempo abräumt ist nur die logische Konsequenz aus der Abstrusität der „antideutschen Ideologie“. Ehemalige Top-Antideutsche wie Jürgen Elsässer und Wolfgang Pohrt hatten schon vor Jahren den Totalbankrott des Antideutschtums einräumen müssen. Ob aus Gremliza und Wertmüller wie bei Jürgen Elsässer Vertreter eines deutschen Nationalsouveränismus werden, dies muss dann doch in Frage gestellt werden. Die Antideutschen hinterlassen lediglich eine geschockte und desillusionierte prokapitalistische „Antifa“ die der wertkritische Ideologe Robert Kurz als „Kindersoldaten der NATO“ bezeichnete.

Verfasser: Sozrev

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Kommentare

  • dieterstockmeier  Am 24. Juni 2015 um 23:29

    Aller Wahrscheinlichkeit nach haben Konkret und Bahamas ganz einfach nur ihren Sponsor gewechselt. Von Israel werden sie mittlerweile nicht mehr benötigt, während Putin durchaus etwas mehr Solidarität von Seiten der Linken gebrauchen könnte.

  • sozrev  Am 26. Juni 2015 um 13:58

    Also das die Antideutschen Geld aus Russland bekommen ist unwahrscheinlich und auch unnötig – weil die meisten Antideutschen wohl dem oberen Bürgertum und den Gutverdienern mit akademischer Ausbildung angehören.

    Aber in der aktuellen konkret hat sich Jörg Kronauer wieder als NATO-Gegner geoutet und über die „neue Ostfront“ berichtet.

    http://www.konkret-magazin.de/hefte/heftarchiv/id-2015/heft-72015/articles/in-konkret-1477.html

    Kronauer ist auch Autor eines Buches über den NATO-Faschismus in der Ukraine:

    http://www.konkret-magazin.de/konkret-texte/texte-archiv/konkret-texte-nr-66.html

    Teilweise lesenswert sind auch seine Texte über Syrien und Libyen, wo der Autor auf die Verbindung von Jihadismus und westlicher Politik verweist.

    Das nun Antideutsche auf einmal auf der Seite von Putin und Assad stehen hat damit zu tun das die Antideutschen von der Provokation der linken Szene leben und da kann man mit Pro-NATO und Pro-Israel niemanden mehr provozieren, weil die Linke in Deutschland in Deutschland mehrheitlich die prowestliche Ausrichtung vertritt. Als Provokation erscheint dann eher die Verteidigung Putins und Assads.

  • hanswernerklausen  Am 26. Juni 2015 um 18:37

    „Konkret“ und Daniel Leon Schikora sind pro-russisch, doch für die redaktionelle Linie von „bahamas“ trifft dies nicht zu.
    Die Aussgabe vom Frühjahr 2014 (nach dem Maidan-Putsch) war anti-russisch.

    inhaltsverzeichnis
    http://www.redaktion-bahamas.org/heft-archiv.html#Nr68

    Von „Jungle World“ & Co. unterscheidet sich „bahamas“ im wesentlichen in den Punkten

    – „arabischer Frühling“. „bahamas“ hat die Jubelarien auf den „arabischen Frühling“ nie mitgemacht. Für „bahamas“ (wie auch für die israelische Rechte) ist der „arabische Frühling“ eine Bewegung für islamische Säuberung und gegen „westliche Dekadenz“.

    – „bahamas“ hat seit Jahren kein Interesse mehr an den Lieblinsthemen der politisch korrekten Linken wie Antirassismus, „critical whiteness“, „LGBT“ oder Feminismus

    – „bahamas“ führt konkurrierende Antideutsche gerne als Irre und/oder „heimliche Antisemiten“ vor. Die „Bahamas“-Leute erheben (anders als noch zur Zeit des Irak-Krieges) keinen Anspruch mehr auf den Titel „antideutsche Kommunisten“. Sie sind innerhalb der Linen isoliert und fühlen sich sehr wohl dabei.

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