Besprechungen (14)

Fragt man nach den Ursachen des Mißerfolgs des nationalen Lagers in Deutschland, so sollte man keine monokausale Begründung liefern. Sicherlich, das nationalfreiheitliche Lager Österreichs fand nach dem Zweiten Weltkrieg unvergleichbar bessere Startbedingungen vor als das rechte Spektrum in der BRD – VDU und FPÖ gingen immerhin aus einer alliierten Lizenz hervor. So oder so fehlt dem nationalen Lager – diesseits wie jenseits des Inns – eine eigene Kultur-Szene – Ausnahmen wie der Maler Odin Wiesinger oder der Musikverein Harmonia Classica bestätigen nur die Regel. Ob diverse knallige Texte von Rechtsrockgruppen dem nationalen Anliegen mehr nutzen oder schaden, sei einmal dahin gestellt. Wird eine Gruppe wie „Freiwild“ dann mal über die eigene Szene hinaus erfolgreich, führt dies – wie Jahre zuvor bei den „Bösen Onkelz“ – zu Distanzierungsritualen. Scheinbar liegt das Geldanhäufen nicht nur im Interesse von Juden, sondern auch Südtiroler und andere wollen gut leben und populär sein.

Noch dürftiger als im Musikbereich sieht es im literarisch schöngeistigen Metier aus. Während eine gesamte Generation von Soldaten des Ersten Weltkriegs und die Jugend danach ihr Lebensgefühl in Ernst Jüngers „In Stahlgewittern“ und anderen Romanen wiederfand, finden wir heute in diesem Bereich eine gähnende Leere vor. Legt dann doch mal einer wie Andreas Molau einen Roman („Die Entdeckungen des Alexander Kern“) vor, so steigt er – als intellektuell Vereinsamter – aus dem nationalen Lager aus. Um so mehr dürfen wir uns freuen, daß nun Björn Clemens, der bislang als politischer Autor (u. a. „Abendbläue“) und Lyriker („Schwarze Fackel“) hervorgetreten ist, in den kleinen Kreis der gegenwärtigen deutschnationalen Romanciers hinzugestoßen ist.

Pascal Ormunait ist Titel und zugleich Protagonist dieses deutschen Justizromans. Schon auf den ersten Seiten begegnet dem Leser Kompetenz und Begabung des Düsseldorfer Autors. Zum einen beherrscht der promovierte Jurist und Rechtsanwalt seinen Stoff, der sich hauptsächlich um die Gesinnungsjustiz gegen nationale Deutsche dreht, zum anderen besticht die Dichte seiner detailreichen Erzählung. Selbst der Klang beim Anstoßen von Biergläsern wird mitgeliefert, woraus auch sicherlich die trinkfeste Erfahrung des Burschenschafters Clemens spricht.

Die Hauptfigur Pascal Ormunait hat ostpreußische und zugleich hugenottische Wurzeln. In dem Roman wird deutlich, daß es nicht jede zeitgenössische Migrantengruppe mit der Assimilationsfähigkeit der historischen Hugenotten aufnehmen kann. Türkische Intensivtäter schlagen Wilhelm Ormunait, den Großvater des Protagonisten, brutal zusammen. Die Folge ist ein Krankenhausaufenthalt, ein Oberschenkelbruch und Darmverschluß mit Todesfolge. Daß ein Kölner Staatsanwalt das Verfahren einstellt, weil es in Anbetracht der Vielzahl der laufenden Verfahren gegen den türkischen Haupttäter nicht mehr ins Gewicht falle, empört den Enkel und läßt ihn im weiteren Verlauf der Handlung zu einem neudeutschen Michael Kohlhaas gegen ein antideutsches System werden.

Zugleich ist dieser Held in seinen Charakterzügen so realistisch wie die meisten nationalen Deutschen in unserer Zeit: mal tapfer, mal vorsichtig, mal feige. Da er glaubt, daß die Schläger, die seinen Großvater auf dem Gewissen haben, nicht von der BRD-Justiz bestraft werden, begeht er falsche Verdächtigung, das heißt, er hängt aus Rachegefühl diesen Türken unberechtigt irgendwelche Straftaten anderer Täter an. Am Verhalten Ormunaits wird deutlich, daß der Ehrbegriff im wirklichen Leben von Menschen nicht schwarz-weiß gestaltet ist, sondern daß Ehre jeden Tag gegen die eigenen schlechten Charaktereigenschaften erkämpft werden muß. Wer neugierig geworden ist, sollte sich das neue Werk von Björn Clemens zulegen.

Jürgen Schwab

Björn Clemens: Pascal Ormunait. Ein deutscher Justizroman. Telesma-Verlag, Treuenbrietzen 2013, 372 S., 22,80 Euro.

Siehe auch:
http://www.pascal-ormunait.de/

http://www.telesma-verlag.de/buchversand/wbc.php?sid=652170b30bd&tpl=pgruppen.html&rid=4

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