Feigheit, Ehrlosigkeit, Verrat – neue deutsche Tugenden?

In welchem Land, in welcher Zeit leben wir denn? Kriecht nicht Feigheit durch deutsche Lande, Hand in Hand mit Ehrlosigkeit und Verrat?Was ist Ehrlosigkeit, was Verrat? Gestern wußte man es noch, der kleine Mann ebenso wie der vaterlandstreue Politiker. Das ist heute anders, und jene, die sich darin befleißigen, wissen anscheinend nicht, was sie tun. Oder sie wollen es nicht wissen.

Das gereicht ihnen und allen Gleichgültigen zur Schande. Hätte dies zu anderer Zeit in einigen Fällen nicht längst gesiebte Luft verhießen? Bei dem geistvollen Dante hätten dieselben sogar im „Pechsee“ geschmorrt.

Ich denke nicht, daß man den von Gott und allen guten Geistern verlassenen Untreuen dereinst Denkmäler bauen wird, da die Zeit ihres kümmerlichen Wirkens nur als ein leuchtendes Beispiel beschämenden Kriecher-Daseins in die Geschichte eingehen kann.
Ein Dasein, das darin besteht, es den Mächtigen recht machen zu wollen, politisch nicht unkorrekt aufzufallen, den Ausbeutern keinen Widerstand zu leisten, sie nicht mit nationalen Sonderwünschen zu belästigen und, volkstümlich gesagt, mit eingezogenem Schwanz erfüllen, was schon wieder gefordert wird.

Also von wem rede ich da eigentlich? Von jenen, die ein öffentliches Amt bekleiden und nichts für die Zukunft ihres Volkes leisten. Von solchen, die das Vaterland am Altar der Neuen Weltordnung opfern wollen. Von rückgratlosen Egomanen, die beim Täuschen und Tricksen nur an ihren persönlichen, ihrer Partei oder Firma Profit denken. Nicht zuletzt rede ich auch von gewissenlosen Kollaborateuren, die ihren Aufstieg in diesem System ihrer stromlinienförmigen Anpassungsfähigkeit verdanken.

Ja, ich rede vor allem von Verantwortungsträgern in Staat und Gesellschaft, die vergessen haben oder es nicht wissen wollen, daß Ehrlosigkeit und Verrat auch darin besteht, aus opportunistischen oder ideologischen Gründen kriecherische, schamlose Politik auf dem Rücken der eigenen Weltkrieg II-Opfer, der Toten wie der Lebenden, zu betreiben oder, wenn nicht, zumindest eine solch ehrloses Verhalten widerstandslos hinzunehmen. Was, nach Jahrzehnten außergewöhnlicher Leistungen für ihren Staat und Loyalität gegenüber diesem und seinen Institutionen, vor allem deutsche wie auch altösterreichische Vertriebene deutscher Muttersprache seit längerem schmerzlich registrieren müssen.

Zu Letzterem gebe es einiges mehr zu sagen. In der „Sudetenpost“ (www.sudetenpost.eu) bringt Gernot Facius dazu einen ausgezeichneten Beitrag („An der kurzen Leine“), den ich nachstehend zur Kenntnis bringen möchte, und der es verdiente, weiter verbreitet zu werden:

AN DER KURZEN LEINE
von Gernot Facius

Dass es in Verbänden, Parteien und Organisationen mitunter mal heftig kracht, ist das Normalste der Welt; einen Streit auszufechten gehört zur politischen Hygiene. Dass dabei Führungspersonen ihr Amt verlieren können, ist auch nicht unbedingt eine Aufregung wert. So gesehen könnte man den aktuellen Konflikt in der Landsmannschaft Schlesien (LS) getrost vergessen, würfen nicht die Umstände der Abwahl des seit dreizehn Jahren amtierenden Vorsitzenden Rudi Pawelka ein Licht auf die innere Verfassung von Vertriebenenorganisationen: Sie lassen sich mehr und mehr von der Politik vorschreiben, wie sie zu ticken haben.
An Pawelkas Amtsführung mag einiges auszusetzen sein, das betrifft aber nicht den Kern des Skandals. Der LS-Vorsitzende wurde gestürzt, weil Vorstandskollegen einem Wink aus der Landesregierung in Hannover folgten. Was war geschehen? Der CDU-Mann Pawelka hatte auf dem traditionellen Deutschlandtreffen der Schlesier in der niedersächsischen Landeshauptstadt die Forderung nach einer Entschuldigung Polens und der Tschechischen Republik für die Vertreibung der Deutschen erneuert. So etwas gilt heute als politisch unkorrekt und wird geahndet. Durch Liebes- und Mittelentzug.

Von 2015 an werde es keine finanzielle Förderung des großen Landsmannschaftstreffens mehr geben, sollte es nicht zu grundsätzlichen Umorientierungen des Verbandes und seiner Aktivitäten kommen, schrieb die rot-grüne Regierung an LS-Vorstandsmitglieder. Und weiter: Künftig müsse sichergestellt werden, dass die Landsmannschaft sich dem „Gedanken der Aussöhnung” verschreibe und von, “rückwärtsgewandten und revanchistischen Äußerungen” ablasse. Es folgte die Drohung: “Das Schlesiertreffen wird also nur Bestand haben, wenn es sich als Brücke ins heutige Schlesien, als Ort der Begegnung und des kulturellen Austausches sowie des generationenübergreifenden Dialogs versteht.”

Jetzt weiß man es also. Hinter den schönen Worten Begegnung und Dialog verbirgt sich die Absicht, die Deutungshoheit über „Aussöhnung” zu beanspruchen. Der aus der moraltheologischen Sphäre stammende Begriff „Versöhnung” beziehungsweise „Aussöhnung” wird politisch umgemünzt – und gegen die Landsmannschaft gewendet. Es wird ignoriert, dass Vertriebenenorganisationen seit Jahrzehnten Kontakte mit Kommunen, Verbänden, Kirchen und Persönlichkeiten aus Kultur und Wissenschaft in den ehemaligen Vertreiberstaaten pflegen. Oberlehrerhafte Belehrungen haben sie nicht nötig. Man verlangt von ihnen politisches Wohlverhalten das ist der Skandal. Wer darauf beharrt, Warschau und Prag an die an Deutschen verübten Verbrechen zu erinnern und Gesten der Heilung von Unrecht einzufordern, wird als Unruhestifter und Revanchist stigmatisiert. Kulturorganisation ja, Opferverband, der Rechtsansprüche geltend macht, entschieden nein: Das ist die brutale Botschaft von der Leine.
Die Politik sagt, wo es langzugehen hat. Wer nicht in dieser Spur bleibt, wird von den staatlichen Geldtöpfen weggedrängt. Dass in ihnen auch Steuern von Heimatvertriebenen stecken, spielt dabei keine Rolle. Wichtig ist: Man erzieht sich Organisationen, die sich vor der Peitsche der Politischen Korrektheit (und damit vor dem Verlust an Verbandsmitteln) fürchten. Das niedersächsische Beispiel ist kein Einzelfall, Pressionen und Pressionsversuche sind auch aus unionsgeführten Landesregierungen bekannt, von der Bundesregierung ganz zu schweigen. Der missliebige Pawelka, das muß man ihm zugutehalten, gehört zum Verein für deutliche Aussprache. Er meldet sich auch dann zu Wort, wenn andere schweigen. Mit einer Stellungnahme im Pressedienst Schlesien geißelte er die Scheu deutscher Politiker, das Wort „Vertreibung” in den Mund zu nehmen. Pawelka nahm dabei auch die Konzeption der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung” unter die Lupe. Leider sei vielen nicht aufgefallen, auch den Vertretern der Vertriebenen im Stiftungsrat nicht, wie Tatbestände durch Worte verfälscht würden: Bis zur Verabschiedung des Potsdamer Protokolls am 2. August 1945 spricht die Konzeption von ‘wilden Vertreibungen’, danach gibt es nur noch Zwangsaussiedlungen, die auf der ‘Grundlage der Potsdamer Konferenz’ erfolgte“. So als sei durch die Großen Drei neues Recht geschaffen worden.
Für die Vertriebenen bedeute dies eine tiefe Demütigung, weil man verschweige, daß sie unter Bruch des Völkerrechts durch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit vertrieben worden seien. Man billige ihnen nur zu, zwangsausgewiesen zu sein. Ausweisung heiße nach einschlägigen Wörterbüchern, die polizeiliche Ausweisung eines Ausländers aus einem Staat: „Die Vertriebenen wurden demnach auf der Rechtsgrundlage von Potsdam wie Ausländer ausgewiesen, und zwar innerhalb Deutschlands.”

Solch klare Worte wünschte man sich auch von der deutschen Politik im Jahr 2013. Sie aber duckt sich hinter – dubiosen – Rechtsauffassungen der Siegermächte. Die Vertreibung war eine gegen das Völkerrecht – auch das damalige – verstoßende ethnische Säuberung”, schrieb 2003 der SPD-Politiker Peter Glotz („Die Vertreibung – Böhmen als Lehrstück”). Vertreibungen seien Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Schon das Internationale Militärtribunal von Nürnberg habe so entschieden, genau zu der Zeit, als die Tschechen die Su­detendeutschen vertrieben. Im Statut des Tribunals ist die „Deportation” als Straftatbestand schon enthalten.
Ein Exkurs in die unmittelbare Nachkriegszeit schafft Klarheit. Den deutschen Angeklagten, die für Hitlers Massendeportationen mitverantwortlich waren, wurde am 20. November 1945 vom französischen Ankläger vorgehalten: „Solche Deportationen verletzen die internationalen Konventionen, insbesondere Artikel 46 der Haager Landkriegsordnung von 1907, die Kriegsgesetze und Gebräuche, die allgemeinen Grundsätze des Strafrechtes, wie sie sich aus den Strafgesetzen aller zivilisierten Nationen herleiten, die Strafgesetze jener Länder, in denen solche Verbrechen verübt wurden, und Artikel 6 b des Statuts.” Artikel 6 b betraf Kriegsverbrechen. Der Sozialdemokrat Glotz, 1939 in Eger geboren, hatte noch den Mut, auf die Verletzungen des Völkerrechts hinzuweisen, aus denen sich eine Pflicht zur rechtlichen Heilung ergibt.
Die nachfolgende Politikergeneration hat sich von dieser Position weit entfernt – oder nimmt die völkerrechtlichen Implikationen nicht zur Kenntnis. Sie negiert auch das Faktum, dass im Potsdamer Protokoll keine Aussage über den Entzug des Vermögens der vertriebenen Bevölkerung getroffen wurde; sie stellt sich taub, wenn von Betroffenen beziehungsweise deren Nachkommen die Eigentumsfrage thematisiert wird – oder stellt Forderungen nach Wiedergutmachung pauschal unter Revanchismusverdacht. Dabei müsste auch den Akteuren in – Berlin, München und andernorts klar sein: Auf den Eigentumstitel generell zu verzichten würde bedeuten, die Entrechtung und spätere Vertreibung anzuerkennen. Muss man an diesen Zusammenhang erinnern? Offensichtlich ja.

Helmut Müller

Quelle

Kommentiere oder hinterlasse ein Trackback: Trackback-URL.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: